Was soll das sein, Detox?
Sich von schädlichem Ballast befreien, vitaler fühlen, ein paar Pfunde verlieren – mit Detox soll es endlich klappen. Was aber soll das genau sein? Detox ist englisch und bedeutet entgiften. Der Begriff vereinigt ein Sammelsurium an Methoden wie Kuren mit Saft oder Schonkost. Auch Detox-Pillen oder -Pflaster werden als reinigend angepriesen. Wissenschaftlich betrachtet ist das unsinnig.
Detox zur Entschlackung
Die Idee: Auch gesunde Menschen sollten ihren Körper von Giften befreien. Welche das sind und wie genau sie entfernt werden sollen, bleibt nebulös. Durch die Umwelt, ungesunde Ernährung und schlechte Verhaltensweisen würden sich im Körper Schlacken ansammeln.
Die Mär vom Entschlacken
„Wenn ich Schlacke höre, denke ich an Hochöfen und Metall, das am Rand fest wird und abgezwackt werden muss“, sagt Professor Andreas Pfeiffer, Ernährungsmediziner an der Berliner Charité und am Deutschen Institut für Ernährungsforschung.
Die Idee der Schlacken im Körper, die über den Darm raus müssten, geht auf den Arzt Otto Buchinger zurück. Er hat vor rund 100 Jahren das Heilfasten begründet, eine traditionelle Fastenmethode.
Auch am Beginn einer Detox-Kur steht oft die Darmentleerung. „Das ist natürlich sehr bildlich“, sagt Pfeiffer. „Dabei wird der Körper aber nicht von Schlacken befreit, sondern der Darm von Stuhlgang entleert.“ Mit Detox-Methoden ließen sich auch keine Blutgefäße sauber bekommen.
Vorteile von Entschlackungskuren nicht belegt
Die Idee der Schlacken hält sich unter Detox-Anhängern hartnäckig. Die Wissenschaft kennt weder Beweise für ihre Existenz noch ihr schädliches Potenzial. So fand Medizin Transparent, ein österreichisches Projekt des weltweiten Forschungsnetzwerks Cochrane, in einer Auswertung von Studien 2019 keine Belege für gesundheitliche Vorteile von Detox-Kuren.
Unser Körper kümmert sich schon
Das Gute: Unser Körper kümmert sich sehr gut um sich selbst. Die Leber entgiftet zum Beispiel das Blut von Alkohol. Stoffe, die die Leber abbaut, werden über den Darm ausgeschieden. Die Nieren produzieren Urin, scheiden so Abfallstoffe aus. Die Lunge gibt über die Atmung giftiges Kohlendioxid ab.
Fasten regt zelleigenes Aufräumen an
Auch auf zellulärer Ebene räumt der Körper selbst auf. Autophagie heißt der Prozess, bei dem Zellen alte oder schädliche Bestandteile recyceln. Längere Essenspausen fördern ihn.
„Autophagie wird durch Energiemangel stimuliert. Wer fastet, schaltet diesen Prozess hoch“, erläutert Professor Pfeiffer. „Auch Sporttreiben regt das Recyceln der Zellen an.“
Aussagekräftige Studien am Menschen zum Effekt vom Fasten auf die zelluläre Selbstreinigung sind jedoch rar. In Tierversuchen setzte Autophagie zum Beispiel beim Intervallfasten ein.
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Umweltgifte lagern im Fettgewebe
Unstrittig ist: Manche Substanzen reichern sich im Fettgewebe an, Umweltgifte wie Dioxine zum Beispiel. Dass Detox-Kuren helfen, sie auszuscheiden, auch dafür fehlen wissenschaftliche Belege.
„Entschlacken, um die toxische Umwelt zu kompensieren, ist Blödsinn“, sagt Pfeiffer. Beim Fettabbau setzt ein gegenteiliger Effekt ein. Fettlösliche Stoffe wie Dioxine werden freigesetzt. „Das passiert, wenn jemand radikal abnimmt“, erklärt der Ernährungsmediziner. Die Konzentration dieser Substanzen im Blut steigt an. Welche Langzeitfolgen das hat, sei noch unklar.
Mehr Abwechslung und Verzicht
Statt eine Woche Detox-Kur zu machen, hilft es, den Alltag zu „entgiften“. Diese vier Tipps halten gesund:
Ohne Qualm. Ein Rauchstopp lohnt immer: Laut Deutschem Krebsforschungszentrum bessert sich schon nach drei Tagen die Funktion der Atemwege, nach einer Woche sinkt der Blutdruck.
Null Promille. Mehrere Wochen auf Alkohol zu verzichten, etwa mit einem trockenen Januar, hilft der Leber, sich zu erholen. Mit Blick auf Krebs gilt allerdings: Alkohol in jeder Menge steigert das Risiko etwa für Darmkrebs.
Bunte Teller. Wenig Fleisch, dafür viel Obst, Gemüse und Vollkorn – vollwertige Pflanzenkost senkt das Risiko, an Krebs zu erkranken. Pestizide meidet, wer Bioprodukte kauft.
Mit Schwung. Sport verhindert Übergewicht und verlängert das Leben. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt Erwachsenen mindestens 150 Minuten mäßige oder 75 Minuten intensive Bewegung pro Woche.
Warum Gerichte Nein zu Detox sagen
Nicht nur die Wissenschaft, auch Gerichte befassen sich mit dem Detox-Begriff. Im Jahr 2017 stellte sogar der Bundesgerichtshof in Bezug auf Kräuterteemischungen klar: Detox ist eine gesundheitsbezogene Angabe. Für solche Aussagen ist in der EU eine Erlaubnis erforderlich. Tee hat aber keine nachweisbare entgiftende Wirkung, der Begriff sei somit nicht zulässig.
Auch als Wellness-Begriff ist er unlauter, entschied das Landgericht Hamburg 2018 für einen Tee mit dem Namen „Detox deine Seele“. Verbraucher könnten eine entgiftende Wirkung und Verbesserung des Gesundheitszustands erwarten, was aber nicht belegt ist.
Tipp: In unserem Smoothie-Test haben wir 25 verschiedene Produkte geprüft. Einer der Smoothies wird als Detox beworben. Wir haben ihn aufgrund der nicht nachweisbaren entgiftenden Wirkung abgewertet.
Kein nachhaltiges Abnehmen
Entschlacken hin und entgiften her – hilft Detox wenigstens beim Abnehmen? Wer tagelang nur Saft trinkt oder Schonkost isst, verliert Kilos. „Dabei wird aber viel Wasser ausgeschieden“, sagt Pfeiffer. Wer danach isst wie vorher, habe das Verlorene schnell wieder drauf. „Der Effekt wirkt nicht nachhaltig, wenn der Lebensstil nicht umgestellt wird.“
Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung verweist auf den Jojo-Effekt nach einer Detox-Diät. Sie könne laut der Fachgesellschaft aber Einstieg in ein verändertes Essverhalten sein.
„Wir essen ziemlich ungesund“, resümiert Ernährungsmediziner Pfeiffer. „Unsere Zellen sind überladen mit Energie.“ Er plädiert für mehr Gemüse, mehr Ölsaaten wie Leinsamen, mehr Obst, mehr Ballaststoffe – und das Tag für Tag. Für manch einen kann gerade das Detox sein.
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